Schwarzwald: Ein perfektes Wochenende in Bad Wildbad 

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Kurort? Schwarzwald? Ich? So U50 und putzmunter wie ich bin, ja, da gab es Vorbehalte. Und doch lockte mich in und um Bad Wildbad so einiges. Mit Sohnemann und Mama checkte ich für ein sonniges Wochenende im Wellnesshotel Rothfuß ein. Und was soll ich sagen: Es wurde ein traumhaftes Wochenende mit nostalgischem Bäderglanz, aber auch mit einem gelungenen Twist an Zeitgeist, fröhlichen Hinguckern und kulinarischen Wonnen, mit Baumwipfelpfad, Hängebrücke und absolut großartigen Wanderwegen. Der wilde Imagewechsel, er hat geklappt.

Hätte es die BUNTE schon früher gegeben, Bad Wildbads berühmte Gäste hätte man sicher darin gefunden – schick gewandet zwischen Badekur und Edelhotel. Die Thermalquellen des Ortes wurden bereits im Mittelalter entdeckt und genutzt, im 19. Jahrhundert boomte der Schwarzwaldort dann so richtig als international renommiertes Mode- und Luxusbad. Es kamen Monarchen, Adlige, Begüterte, aber auch Künstler wie Gioachino Rossini, Clara Schumann und Hans Christian Andersen. Sie alle vertrauten sich den Kräften des heilsamen Thermalwassers an. Wir hätten es auch tun können – aber in der Hochsommerhitze war uns mehr nach frischer Waldluft.


Ortscheck Bad Wildbad: Oh, es riecht gut!


Als erstes schauten wir uns im Ort um. Die prächtigen Gebäude der großen Kur-Ära beeindrucken noch immer: Palais Thermal, Königliches Kurtheater, Forum König-Karls-Bad. Allesamt glanzvolle Renommierbauten, ein mondäner Schweif zwischen Jugendstil, Barock und Renaissance-Stilen und mittendrin das zauberhafte Flüsschen Enz. Es geht durch den riesigen Kurpark, bei dessen Ausmaßen von 35 Fußballplätzen man einen kompletten Tag herumflanieren könnte. Hier gibt es Spielplätze für Kinder, einen Matsch- und Barfußpark, den Rosengarten, beschaulichen Schwanensee und die Englische Kirche … Überall blühte es und die Luft hing voller Düfte. Ein Hingucker: Vor dem Jugendstil-Kurhaus schweben bunte Schirme. Hinter den spektakulär schönen Fenstern finden Kulturveranstaltungen aller Art statt. Wer gern mehr über Bad Wildbad erfahren möchte, bucht einen „königlichen Stadtrundgang“ oder eine exklusive Tour durch das Thermalbad mit Einblicken von der maurischen Halle bis hoch zum Sky Deck.


Kuchen-Offenbarung

Kein Kurort ohne Kuchen-Einkehr. Ich habe kurz gegoogelt – beim Café Jats überschlagen sich die Komplimente. Manche sagen, es ist eines der schönsten im ganzen Schwarzwald. Mit selbstgemachten Trüffel-Pralinen, Kuchen und Super-Torten. Und tatsächlich: Hier herrscht so ein niedlich nostalgisches Flair wie im Wohnzimmer aus alten Zeiten. Aber nix verstaubt, sondern hell und pfiffig. Absolut göttlich: die Schwarzwälderkirsch. Wäre noch irgendwie Platz gewesen, ich hätte mich gern noch auf Zitronentarte und Schokomoussetorte gestürzt.

Am drolligsten speisten wir vor dem Wildbader Hof. Wie auf einem Balkon sitzt man auf einer Bank, davor begrünte Hoch-Tische, man schaut entspannt auf Flaneure und Fluss, nippt selbstgemachte Limonaden und probiert sich durch die deutsch-schwäbische Küche.
Ein neuzeitliches Vergnügen haben Gäste im Foxy Bräu. Hier hilft seit 2022 eine Roboterdame als Service-Kraft mit. KI im Kurort – da sage noch einer, es gehe altbacken zu.


Kleinigkeiten shoppen

Durch die Fußgängerzone Wilhelmstraße waren wir schnell durch. Schöne Mitbringsel bekommt man in der Rossini Seifenmanufaktur, wo es liebevoll hergestellte Seifen aus Pflanzenölen und mineralienreichem Bad Wildbader Thermalwasser gibt. Familie Maisenbacher hat sich mit ihrer Kaffeemanufaktur gegenüber dem Bahnhof eine große Fangemeinde erarbeitet. Nicht nur der Kaffee, auch die Kuchen sind delizioso. Durch ein großes Fenster kann man sogar beim Rösten zuschauen.


Der nackte Herr Rossini

Die „Große Oper“ verdankt die kleine Stadt einem Promi-Kurgast: Gioachino Antonio Rossini. Der italienische Komponist kam 1856 wegen eines Rheumaleidens für mehrere Wochen nach Wildbad. Vorher soll er fast zehn Jahre lang keine Note mehr aufs Papier gebracht haben. Das sollte sich ändern. Und genau jener Signor Rossini begegnete uns auf dem Kurplatz: dickbäuchig und etwas notdürftig mit einem Hüft-Schurz bekleidet, ein Fuß schon im Thermalwasser. Okay, nur eine Statue, aber eine witzige. Endlich mal Humor in der Kurort- und Denkmal-Szene. Wer Klassik liebt und Rossinis Werke live erleben will: Jedes Jahr im Juli findet das angesehene Opernfestival „Rossini in Wildbad“ statt.


Schräg nach oben: die Sommerbergbahn

Genug flaniert, am nächsten Tag war Action angesagt. Und zwar auf Bad Wildbads berühmter Adresse, dem Sommerberg. Hier gibt es einen Baumwipfelpfad mit spektakulärem Aussichtsturm, der sich spiralförmig 40 Meter nach oben schraubt (Zusatzkick: die Rutsche nach unten), es gibt die 380 Meter lange Hängebrücke WILDLINE, den Abenteuerwald und einen Adventure Bikepark mit der steilsten Downhill-Strecke Deutschlands. Wir fahren mit der Sommerbergbahn hinauf. Seit über 100 Jahren ist sie Kult und gehört seit ihrer Komplettüberholung 2011 zu den modernsten Standseilbahnen Deutschlands. Im halbe-Stunden-Rhythmus bringt der Panoramawagen von der Stadt (420 m) hinauf auf 750 Meter Höhe.
Oben steuern wir direkt den Märchenweg an. Mal keine Grimm-Hommage, sondern Wilhelm Hauffs „Das kalte Herz“ gewidmet. Das hat seinen Grund: Hauffs Geschichte spielt genau hier, im Schwarzwald. An 10 Stationen wird das Hörspiel immer weiter erzählt, jeder Halt ist mit spannenden Infos zur Region versehen:
Es ist eine leichte 3-Kilometer-Runde, perfekt für ein unterhaltsames Stündchen. Für Kinder ein Spaß: Damit der Sprecher zu erzählen anfängt, muss ein Weilchen an einer Kurbel gedreht werden.

Was uns zugleich faszinierte, war das Meer von Steinmännchen auf dem Weg. Links, rechts, überall irre Kunstwerke. Wir waren auf der Stelle mit Steine-Schichten beschäftigt. Noch so eine goldige Idee: Ein Pfad führt zu einer freistehenden Tür mit der Aufschrift „Waldbadezimmer“. Öffnen, durchgehen und in eine der beiden weltweit ersten Waldluft-Badewannen legen! So schließt sich mit einer kleinen Idee der Bogen zur großen Bädertradition.

Die 10 Stationen des Märchenwegs

Märchenweg „Das kalte Herz“, die Hauptdarsteller

Am Kohlenmeiler, aus Holz wird Holzkohle

Die Flößerei, Baumstämme schwimmen bis nach Holland

Bäume im Schwarzwald, die vier wichtigsten Arten

Riesen, Seejungfrauen und Ritter, Sagen und Mythen

Glasmachen im Schwarzwald, harte Arbeit, zarte Produkte

Geologie und der Schatz von Bad Wildbad, Sandstein und Thermalwasser

Schwarzwälder Spezialitäten, das schmeckt!

Der Schwarzwald und der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord, Wald, Wiesen und Weiden

Das Glück und Ausflugstipps. Denkwürdiges und Sehenswertes.

Zwei Bäder – unterschiedliche Ansätze

Bad Wildbad hat nicht nur ein, sondern gleich mit zwei Thermalbäder. Das Schmuckstück heißt Palais Thermal und zählt zu den ältesten Bädern Europas – ein maurisches Märchen mit Malereien, Skulpturen, orientalischem Dekor und feinstem Jugendstil. Ein Ort der Ruhe und Entspannung.

Wer lieber etwas für seine Beweglichkeit und körperliche Fitness tun möchte, findet das passende Angebot in der Vitaltherme, ein paar hundert Meter weiter. Ein Mal pro Stunde wird kostenlose Wassergymnastik angeboten, es gibt Aqua-Biking, Gerätetraining, medizinische Bäder, Massagen und Saunen.


Wandertipps: Auf ins Pfannkuchen-Paradies!

Das Wetter war so schön, perfekt zum Wandern, unserem liebsten Hobby. Zunächst gings auf den Europa-Rundwanderweg nach Dobel (17 km entfernt). Durch das „Sonnentor“ beim Kurhaus zum Aussichtsturm und dann kommen sie, die coolen Bänke. Bunt in den Flaggenfarben der EU-Mitgliedsländer gestrichen, daneben kleine Info-Täfelchen. Wir liebten die Vorfreude, welches Land auf dem 6,8 Kilometer langen Weg wohl als nächstes dran ist. Die besten Bänke waren immer jene mit zusätzlichen Installationen. Mega, wir liebten es.


Nummer 2 war das Tal der Lehmänner. Ein ganzes Tal, das nach meiner Familie heißt – horrido, da mussten wir mal vorbeischauen. Der Qualitätsweg ist seit 2022 als Traumtour zertifiziert und schlängelt sich hinab ins Tal der Eyach und weiter zum ehemaligen Lehmannshof. Okay, kein spektakulärer Weg, einige Passagen führen lange durchs Dickicht. Aber eine schöne, abgeschiedene Welt.

Tour Nummer 3 führte auf Bohlen durchs Hochmoor bei Kaltenbronn. Es liegt auf rund 900 Metern und ist das größte Hochmoor im Schwarzwald. Unser Ziel: die Grünhütte, eine legendäre Waldgaststätte. Die Heidelbeer-Pfannkuchen dort haben Kultstaus. Buttrig, fluffig, riesig. Eine Empfehlung!


Einmalig in Deutschland: das Fassdaubenrennen

Wer im Winter anreist, kann ein außergewöhnliches Spektakel erleben: das Fassdaubenrennen auf den Sommerberg. Hier stehen die Teilnehmer auf gebogenen Fassbrettern, die eine ähnliche Form wie richtige Ski haben, aber wesentlich kürzer sind und nur mit einfachen Lederriemen befestigt werden. Quasi eine Vorgängerversion. Damit absolvieren die Teilnehmer einen Langlauf, eine Abfahrt und hüpfen sogar über zwei Mini-Schanzen. Lust mitzumachen? Die Skizunft Bad Wildbad besitzt rund 80 Paar Fassdauben und bietet auch ein öffentliches Training unter Anleitung an. In Deutschland ist es übrigens das einzige Event dieser Art.


Hotel mit Aussicht

Wir haben uns im Hotel Rothfuß bei Familie Richter sehr wohl gefühlt. Es liegt herrlich ruhig auf einer sonnigen Anhöhe am Ortsrand von Bad Wildbad, mit zauberhafter Aussicht. Okay, Hotelzimmer mit 60er Jahre-Charme, aber das Sahnehäubchen war der großartige Wellnessbereich mit Sauna-Landschaft, Hallenbad und Infinity-Außenpool. Und es waren noch andere putzmuntere U50er da. Gut durchmischt, so muss es ein. Gern mal wieder. Vielleicht schon zur nächsten Fassdauben-Gaudi.

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